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Vorsicht, Dr. Google!


Vorsicht, Dr. Google!
Vorsicht, Dr. Google!

Mit der natürlichen Entwicklung des Internets, mit zunehmender Verfügbarkeit von Wissen bekommen viel mehr Menschen Zugriff auf Themen, die noch kurz zuvor nur einem Fachpublikum vorbehalten waren. Unter anderem betrifft dies auch die Medizin.


Es ist sehr zu begrüßen, weil somit das kritische Denken angespornt wird, die Für- und Vorsorge in den Vordergrund gerückt wird und die Menschen die Möglichkeit haben, „hinter die Kulisse“ der medizinischen „Küche“ zu blicken. Es ist auch von Vorteil, weil somit naturwissenschaftliches Interesse geweckt wird und die medizinischen Berufe für die Bevölkerung an Attraktivität gewinnen. Somit wird auch die Frage des Nachwuchses zum Teil beantwortet.


Und dennoch bringt diese Entwicklung auch etliche Probleme und Besonderheiten mit sich.

Das medizinische Studium kann nicht durch die freie Verfügbarkeit des Wissens ersetzt werden. Fächer wie Physiologie, Pathologie oder Pharmakologie sind essenziell, ohne deren Kenntnis kann man nicht die komplexen Zusammenhänge von Erkrankungen oder auch der Normvarianten im biologisch hochkomplexen menschlichen Wesen nachvoll-ziehen. Dies führt zu großen Verwirrungen. Die falschen „Eigendiagnosen“ verzögern nicht nur den Kontakt zum Arzt, sie triggern auch emotional-labile Persönlichkeiten, sodass aus einer noch nicht fachlich bestätigten körperlichen Krankheit gleich eine bunte Mischung aus geistiger Verwirrung und körperlicher Schwäche entsteht. Und dies ist nicht genug: diese Entwicklung beeinflusst die Familie oder den Freundeskreis nachhaltig. Die Kreise ziehen sich dahingehend, dass unter Umständen das Leben einiger Menschen komplett gelähmt und dem Thema der Suche nach einer vermeintlichen Krankheit gewidmet wird.


Natürlich beansprucht dies eine große Menge an zeitlichen und menschlich-apparativen Ressourcen, weil es sehr menschlich ist, einem ersten „Nein, Sie haben nichts und sind gesund“ des Arztes zu misstrauen und nach einer Erklärung zu suchen. Es ist gerade in der modernen Zeit sehr schwierig, öffentlich zu vermitteln, dass der Zugriff auf Wissen nicht mit dem Benutzen dieses Wissen gleichgestellt werden kann. So entwickeln sich Parallelwelten: die ernsthaft kranken Menschen, die aufgrund von Ressourcenknappheit nicht rasch genug an die richtigen Diagnosen und die Therapie gelangen, und diejenigen, die nach einem eigenen Gebrechen suchen, was gar nicht existiert.


Die Aufgabe der Ärzte in der heutigen Zeit besteht wie auch früher in der Aufklärung. Nur ist die Aufklärungsart etwas anders geworden. Wir sollten die Patienten immer auf Augenhöhe empfangen, weil (zum Glück) unsere Aussagen und Wissensvermittlung relativ einfach zu überprüfen sind. Wenn es uns gelingt, dem Patienten den Eindruck zu vermitteln, dass er schon den Großteil unserer Arbeit gemacht hat, können wir auch die Probleme der Fehlinterpretationen von Patienten souverän lösen, weil wir keine Hemmung haben, die Stärken der Patienten und deren Wissensdurst anzuerkennen.




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